Schulterschluss für eine erfolgreiche Transformation
Grüner Wasserstoff[1] (H2) ist ein zentraler Baustein für die Erreichung der europäischen und nationalen Klimaziele. Insbesondere für schwer zu dekarbonisierende Industrien ist er als Rohstoff und Energieträger unverzichtbar. Österreich hat voraussichtlich einen grünen Wasserstoffbedarf in Höhe von 1,4 Millionen Tonnen im Jahr 2040[2]. Zur Deckung dieses Bedarfs sind Wasserstoffimporte unumgänglich. Die Mitgliedsunternehmen der H2 Import Alliance Austria (HIAA) verstehen den Import von grünem Wasserstoff als wesentlichen Beitrag zur Deckung dieser Bedarfe und zur Sicherung des Industriestandorts Österreich. Sie verfolgen das gemeinsame Ziel, Wasserstoffimporte nach Österreich via Pipelines bis 2030 zu ermöglichen, um damit die signifikant steigenden Bedarfe an grünem Wasserstoff langfristig decken zu können. Die Unternehmen der HIAA unterstützen den Wasserstoffhochlauf und setzen sich für den zügigen Aufbau von Importkorridoren für grünen Wasserstoff ein.
Wesentliche Herausforderungen und die notwendigen Maßnahmen zur Realisierung großskaliger Wasserstoffimporte ab 2030 nach Österreich
Wasserstoffimporte ab 2030 erfordern bereits heute zentrale Weichenstellungen und Entscheidungen. Die Schaffung eines förderlichen regulatorischen Rahmens und staatlicher Unterstützungsmechanismen ist hierfür die Grundvoraussetzung.
Für Investitionen in Erzeugung und Abnahme von Wasserstoff benötigt es Klarheit bezüglich der Unterstützungsmechanismen und der Transportinfrastruktur. Aufgrund seiner geographischen Lage als Binnenland ist eine rasche Pipeline-Anbindung Österreichs an das europäische Wasserstoffnetz für die Versorgung des Standorts zentral. Zudem kann Österreich dadurch auch eine wichtige Transitfunktion einnehmen. Die regulatorischen Anpassungen sowie Unterstützungsmechanismen sollten im Jahr 2025 umgesetzt werden, da in diesem Zeitraum auch die Investitionsentscheidung für Transportnetze gefällt werden muss, um sowohl Importe als auch den Transit von Wasserstoff bis 2030 zu ermöglichen (siehe Abbildung I). Aufgrund der sich abzeichnenden Konkurrenz verschiedener möglicher Transitrouten sind dafür frühzeitige Entscheidungen erforderlich.
Regulatorische Anpassungen und Unterstützungsmechanismen über die gesamte Wertschöpfungskette sind für einen raschen und erfolgreichen Aufbau einer österreichischen Wasserstoffwirtschaft von großer Bedeutung.
Es gilt die EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III), sowie das EU Gasmarktpaket möglichst schnell national umzusetzen, um die regulatorische Basis zu schaffen. Unterstützungsmechanismen sollten für jede Wertschöpfungsstufe passgenau und über die gesamte Wertschöpfungskette integriert sein. Damit notwendige Wasserstoffmengen ab 2030 importiert werden können, bedarf es hoher Investitionen. Bis 2030 würden ca. 7,2 Milliarden EUR und bis 2040 rund 18,9 Milliarden EUR allein bei den Mitgliedsunternehmen der HIAA an Investitionen anfallen. Ein Großteil dieser Investitionen würde durch die Unternehmen selbst getragen. Allerdings ist die Wirtschaftlichkeit von grünem Wasserstoff und darauf basierenden Produkten vor allem zu Beginn des Markthochlaufs noch nicht gegeben. Daher sind Unterstützungsmechanismen und Absicherung durch den Staat ausschlaggebend für einen erfolgreichen Markthochlauf.
- Erzeugung: Die Erzeugung von grünem Wasserstoff geht mit hohen Investitionskosten für erneuerbare Stromerzeugungsanlagen sowie für Elektrolyseure einher. Bedingt durch Risiken in der frühen Phase des Markthochlaufs sowie erhöhten Länderrisiken sind Investitionen zudem mit hohen Finanzierungskosten behaftet. In Nordafrika können diese bis zu 60% der Wasserstoffproduktionskosten ausmachen. Bessere Finanzierungsbedingungen in Kombination mit Investitionszuschüssen können die Herstellungskosten für grünen Wasserstoff in Exportländern signifikant senken. Finanzierungsförderungen, wie zum Beispiel staatliche Garantiesysteme, stellen ein effizientes Instrument dar, da die benötigten direkt erforderlichen finanziellen Mittel verhältnismäßig gering sind. Investitionszuschüsse reduzieren unmittelbar und überproportional die Wasserstoffproduktionskosten, indem sie durch einen Hebeleffekt sowohl die Invest- als auch die Finanzierungskosten senken.
- Infrastruktur: Das EU Gasmarktpaket[3] sollte schnellstmöglich in nationales Recht umgesetzt werden, um Klarheit bezüglich des Betriebsmodells für die Wasserstoffinfrastruktur – sowohl für Pipelines als auch für Speicher – zu schaffen und damit Investitionssicherheit zu ermöglichen. Auch der Aufbau einer Transportinfrastruktur geht zu Beginn mit hohen Investitionskosten einher. Für diese brauchen die Netzbetreiber eine langfristige und stabile Beanreizung. Die Unternehmen der HIAA begrüßen die bisherigen Schritte des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) zum Umsetzungsprozess des EU Gasmarktpakets sowie zum Wasserstoff-Startnetz. Darüber hinaus sollte die zuständige Behörde für Wasserstoff frühzeitig benannt und bestehende Fernleitungsnetzbetreiber als Betreiber für Wasserstoffnetze zertifiziert werden. Des Weiteren, sollte der direkte Netzanschluss von Industrieunternehmen an das künftige Wasserstoff-Startnetz ermöglicht und die im EU Gasmarktpaket enthaltene Flexibilität hinsichtlich eines verhandelten Netzzugangs bis 31. Dezember 2032 genutzt werden[4]. Auch für Wasserstoffspeicher müssen angemessene rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen und dabei an die Regulierung der österreichischer Erdgasspeicher angelehnt werden. Da die Nachfrage nach grünem Wasserstoff anfänglich gering ist, würde die Finanzierung der Infrastruktur über anfänglich sehr hohe Netzentgelte den Wasserstoffhochlauf hemmen. Um diesen Effekt zu vermeiden, braucht es staatliche Unterstützung bei der Finanzierungs- und Kostentragung zur Schaffung von Investitionssicherheit. Die Kosten für die Wasserstoffspeicherung können durch Investitionsförderungen signifikant reduziert werden. Insgesamt ist der Förderbedarf stark vom Wasserstoffmarkthochlauf und den daraus resultierenden Kapazitätsbuchungen der Netznutzenden abhängig.
- Nachfrage: Der Einsatz von grünem Wasserstoff erfordert für viele Unternehmen die Umrüstung von bestehenden oder den Bau neuer Anlagen. Darüber hinaus ist der Einsatz von grünem Wasserstoff noch deutlich teurer als fossile Energieträger. Betriebskostenförderungen und zielgerichtete Investitionszuschüsse stellen deshalb abnahmeseitig die effizientesten Förderinstrumente im Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft dar. Um eine dauerhafte Abhängigkeit des Wasserstoffmarkts von finanziellen Zuschüssen zu vermeiden, müssen zeitnah Rahmenbedingungen für eine gesteigerte Nachfrage nach grünen Produkten geschaffen werden. Aktuell gibt es kaum eine erhöhte Zahlungsbereitschaft für das sogenannte „Green Premium“[5] auf Seiten der Endkunden. Durch die Einführung einer standardisierten CO2- oder Nachhaltigkeitskennzeichnung für Produkte, z.B. die Green Claims Directive (beschränkt nur auf Europa), bzw. von Nachhaltigkeitsanforderungen in der öffentlichen Beschaffung kann die Zahlungsbereitschaft für das Green Premium gesteigert werden.
Grüne Wasserstoffimporte für Österreich benötigen ein zielgerichtetes Unterstützungskonzept entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Nur die Kombination aus einem passenden regulatorischen Rahmen, Unternehmensinvestitionen sowie staatlicher Förderung gewährleistet einen effizienten und zeitgerechten Hochlauf von Wasserstoffimporten nach Österreich.
[1] Unter grünem Wasserstoff versteht die HIAA erneuerbaren Wasserstoff nach der Definition der Delegierten Verordnung (EU) 2023/1184 der Kommission
[2] Laut Wasserstoffbedarfserhebung 2022, AGGM
[3] EU Hydrogen and Decarbonised Gas Market Package
[4] Verhandelte Netzzugänge ermöglichen es Industrieunternehmen, ihren Netzzugang schneller umzusetzen, da nicht auf die komplette Ausgestaltung des europäischen Regulierungsrahmens gewartet werden muss.
[5] Als Green Premium werden die Mehrkosten von grünen gegenüber konventionell hergestellten Produkte bezeichnet.
Positionspapier
Im aktuellen Positionspapier (Stand: Juni 2024) haben die HIAA-Unternehmen ausgearbeitet, welche Maßnahmen für den zügigen Aufbau von Importkorridoren von grünem Wasserstoff notwendig sind.